Zuerst mal vorweg: Ich glaube nicht, dass Frauen bessere Menschen sind. Ich bin nicht überzeugt, dass es weniger Kriege gäbe, wenn nur Frauen regieren würden und ich zweifle daran, dass die Finanzkrise nicht ausgebrochen wäre, sässen in den Chefetagen der Banken nur Frauen. Die Quote bringt auch keine bessere Unternehmenskultur und nicht mehr familienfreundliche Arbeitszeitmodelle. Die Quote bringt nur eins: Mehr Frauen in das Gremium, für das die Quote gilt.
Und das ist genug. Denn sie erfüllt den Zweck, ganz einfach und direkt. Ohne Fördermassnahmen, Anreizmodelle, freiwillige Massnahmen oder Lippenbekenntnisse. Sie ist natürlich in einer idealen Welt kein ideales Mittel. Denn natürlich sollte Qualifikation entscheidend sein und nicht das Geschlecht. Das ist das Hauptargument der Quotengegnerinnen und –gegner. Weitere Argumente: Es gibt nicht genügend Frauen (und wenn man jetzt einfach Frauen befördern würde, dann geht die Wirtschaft, ja die Welt unter!). Und zum Schluss: Welche Frau möchte denn eine Quotenfrau sein?
Das erste Argument hat Nicole Althaus in der Sonntagszeitung schon elegant zerlegt: Es ist nun mal nicht so, dass in einem Unternehmen oder in der Politik immer die Besten, Wägsten und Klügsten an die Spitze kommen. Wäre es so, würde ja niemand je über seinen Chef klönen und es gäbe auch keine Ratgeberkolumnen à la „Manage your boss“. Das zweite kann man nur ernsthaft glauben, wenn man davon ausgeht, dass Frauen grundsätzlich und genetisch dümmer, blöder und unfähiger sind. Sonst ist es kaum zu erklären, warum unter 51 Prozent der Bevölkerung nicht die eine oder andere gute Verwaltungsrätin oder Managerin zu finden wäre. Zudem sind – das sagen auch Quoten-Gegnerinnen und –gegner) – die Frauen durchschnittlich besser ausgebildet und mittlerweile im mittleren Management gut vertreten. Nun wie kommt man denn ins Top-Management? Na – vermutlich durch Ausbildung und Beförderung aus dem mittlerem Management. Es gibt tatsächlich Branchen, in denen relativ wenige Frauen arbeiten – beispielsweise IT oder Maschinenbau. Ironischerweise hat es aber gerade in der IT einige Frauen in Führungspositionen – ganz im Gegensatz zur Medienbranche wo der Frauenmangel weniger ein Problem sein sollte. Zu guter Letzt: Welche Frau will keine Quotenfrau sein? Vermutlich jene, die keinen Erfolg haben wollen. Das ist legitim. Für alle anderen gibt es im Moment kaum einen anderen Weg nach oben (es sei denn man erbe ein Unternehmen). Viele der Frauen, die heute in Verwaltungsräten sind, sind da, weil es plötzlich schicker wurde, Frauen in Verwaltungsräten zu haben. Und nein, das heisst nicht, dass diese Frauen nicht qualifiziert sind. Solange sie aber allein sind – sind sie noch grössere Quotenfrauen als die echten Quotenfrauen nach ihnen.
In der Politik sieht man es deutlich: Bei der SP und den Grünen, die formelle oder informelle Quoten haben, sind die Geschlechter in der Regel fast paritätisch vertreten (eine gewisse Schwankungsreserve ist natürlich und kann auch mal vorkommen – in beide Richtungen). In der Mitte und bei den Bürgerlichen hat es praktisch keine Frauen. Warum? Bei der SVP werden Frauen in der Regel von den eigenen Wählerinnen und Wählern gestrichen (Ausnahme: Nathalie Rickli). Bei den anderen Parteien gehe ich davon aus, dass sie dasselbe Problem haben, wie auch SP und Grüne es haben. Frauen melden sich selten von selbst, man muss sie anfragen. Manchmal mehrfach. Und sie überlegen sich gut, ob sie für eine Aufgabe geeignet sind oder nicht. Das ist oft mühsam. Und ich habe selbst nicht immer Verständnis. Nur – man kann zum einen auch mal den Spiess umdrehen und sich fragen, ob sich Männer nicht etwas zu viel zutrauen und zu schnell zusagen. Leider ist es zudem immer noch so, dass ein zu forsches und ehrgeiziges Auftreten bei Frauen schlecht ankommt. Wie Headhunter Heiner Thorberg in einem Interview mit Cicero (http://www.cicero.de/kapital/headhunter-es-gibt-hier-keine-geeigneten-frauen-fuer-ceo-jobs/58411) sagt: „Wenn eine Frau im Gespräch mit Männern typisch männliches Verhalten an den Tag legt, zum Beispiel harte, kompetente Fragen stellt, kann das aber auch nach hinten losgehen. Dann fragen die Männer danach oft: „Was war denn das für eine? Da kann ich ja gleich einen Mann einstellen.“»
Die Quote wird heftig und emotional bekämpft. So schreibt Doris Fiala in der Weltwoche: Die Quote bedroht den Wohlstand und die Liberalität der Schweiz! Der Widerstand zeigt, hier wird die richtige Frage gestellt. Nämlich die Machtfrage. Kaum einer gibt Macht freiwillig ab. Macht muss erkämpft werden. Die Frauen in Appenzell Innerrhoden hätten wohl heute noch kein Stimmrecht, hätte nicht eine Innerhoderin bis vor Bundesgericht geklagt. Die Machtfrage muss gestellt werden. Die Quote ist nur eine der möglichen Antworten darauf.