Veränderung und Vertrauen

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An einer Veranstaltung dieser Woche – das Thema war künstliche Intelligenz – sprach der Referent auch die Situation der Medien an und illustrierte sie mit einem persönlichen Beispiel. Er sei Vater zweier Teenager, deren Medienkonsum sich hauptsächlich auf TikTok, Youtube und andere Plattformen beschränke. Sie hätten noch eine Zeitung abonniert. Auf Papier, damit die Söhne auch noch sehen würden, dass es das noch gibt. Dieses Beispiel ist exemplarisch für den Wandel der Mediennutzung. Die längst nicht nur Teenager betrifft. Die gedruckte Zeitung, die Zeitung als Morgenritual hat immer weniger Bedeutung. Und auch wenn ich die Zeitung tatsächlich noch gerne auf Papier lese, wäre das Verschwinden des Papiers an und für sich nichts grundsätzlich Dramatisches. Aber die Veränderung des Medienverhaltens und die Digitalisierung haben weit grundlegendere Folgen. 

Journalismus ist wichtig für die Demokratie. Wichtig ist dabei nicht die Form, sondern dass er sich den Regeln des Journalismus verpflichtet, der Wahrheit, der Achtung der Menschenwürde, der Fairness und der Information der Öffentlichkeit. Natürlich sind auch klassische Medien nicht von der Missachtung ebendieses Kodexes gefeit, und die Qualität ist mit den sinkenden Mitteln auch nicht grösser geworden. Aber die Alternative sind Plattformen, die sich keinerlei Regeln verpflichten. Eine Demokratie ist auf informierte Bürger:innen angewiesen. Wenn nun immer mehr Menschen ihre Informationen nicht mehr aus verlässlichen Quellen beziehen, dann ist das ein Grundproblem für die Demokratie. Studien wie der Edelmann Trust Barometer haben denn auch ermittelt, dass weltweit das Misstrauen in Medien und staatliche Institutionen steigt. Wenn Fakten zu einer Meinung werden, dann lassen sich auch Probleme nicht mehr lösen. 

Die Medien sind unter Druck, weil die Werbeeinnahmen sich von den klassischen Medien auf Plattformen verlagern. Grosse Medienkonzerne wie Tamedia haben dies für sich so gelöst, dass sie eigene Plattformen für Wohnungs- oder Stellenanzeigen besitzen. Damit verdient der Konzern Geld, für den Journalismus bleibt immer weniger übrig. Die kleinen und mittleren Verlage haben diese Möglichkeit nicht. Aber auch Verlage wie wir, die weniger abhängig sind von Werbeeinnahmen, spüren das veränderte Medienverhalten. Wir haben eine treue Leserschaft, aber es fehlt der Nachwuchs. Und der ist am klassischen Produkt Zeitung immer weniger interessiert. Das Medienpaket, über das wir letztes Jahr abgestimmt haben, hätte wenigstens etwas Abhilfe geschaffen, indem die indirekte Medienförderung, also die Verbilligung der Posttarife, erhöht worden wäre. Und es wäre eine neue Förderung für Online-Medien geschaffen worden. Dieses wurde bekanntlich abgelehnt, weil die Mehrheit der Bevölkerung keine Lust hatte, grosse Verlage zu subventionieren. Das ist zwar nicht unverständlich, löst aber das Pro­blem nicht. Denn der Druck auf die Verlage, sich auf die veränderten Bedingungen einzulassen, bleibt, nur die Mittel für die Investitionen sind nicht vorhanden. Die Eidgenössische Medienkommission EMEK hat im Januar festgehalten, dass es  angesichts der sich verändernden Medienlandschaft in der digitalen Medienwelt schlicht nicht mehr sinnvoll sei, auf ein veraltetes Modell der Verteilung zu setzen. Sie empfiehlt daher einen Systemwechsel: Alle Medien sollen Fördergelder erhalten können, sofern sich ihre journalistischen Inhalte an eine breite Öffentlichkeit richten und sie sich auf die Einhaltung der Branchenselbstregulierung verpflichten. Dieser Vorschlag ist gut und sinnvoll. Nur: Politisch ist die Lage nach der Ablehnung des Medienpakets blockiert. Und ob der neue UVEK-Vorsteher Rösti grosse Lust verspüren will, die Medienförderung zu unterstützen, ist zu bezweifeln. 

Seit 24 Jahren gibt es das P.S. Wir finanzieren uns seit Beginn weitgehend über Abos und zu einem kleinen Teil über Inserate, wir erhalten keine Beiträge von Parteien oder anderen Organisationen und sind auch in unserer Berichterstattung unabhängig von ihnen. Seit 2014 führe ich den Verlag, zusammen mit einer unglaublich motivierten, kompetenten und leistungsbereiten Crew, die jede Woche ihr Herzblut in unsere Zeitung steckt. Es gibt uns noch und das ist in einer Zeit, in der anderen ambitionierten Medienprojekten wie ‹Higgs› oder der ‹Medienwoche› der Schnauf ausgegangen ist, ein Erfolg. Aber wenn wir auch eine Zukunft haben wollen, bleibt uns nur die Vorwärtsstrategie. Wir müssen uns – frei nach Wolf Biermann – verändern, um uns treu bleiben zu können. 

Unser Produkt, so glauben wir, ist gut. Aber es kann besser und es muss vor allem bekannter werden. Dazu wollen wir zum einen vermehrt auf Kooperationen setzen. So haben wir in letzter Zeit immer wieder für Artikel mit anderen Medien zusammengearbeitet wie ‹Tsüri›, WOZ, ‹Saiten› oder ‹Bajour›. Weitere Kooperationen auch im administrativen Bereich sind zu prüfen. Zum anderen müssen wir unseren digitalen Auftritt stärken, sei es im Web, aber auch in den sozialen Medien. Um dies zu schaffen, brauchen wir euer Vertrauen, liebe Leserinnen und Leser. In dem ihr uns weiterhin die Treue haltet und in dem ihr uns, helft, Schritte in die Zukunft zu wagen.