Der Untergang scheint vorerst abgewendet. Präsident Joe Biden und Mehrheitsführer Kevin Mc Carthy haben sich auf einen Deal geeinigt. Damit soll ermöglicht werden, dass die Schuldengrenze («debt ceiling») erhöht werden kann. Die vorbereitende Kommission hat trotz abweichenden republikanischen Stimmen dafür gesorgt, dass die Vorlage ins Parlament kommt. Dort wird sie voraussichtlich eine Mehrheit finden, weil wohl genügend Demokrat:innen dafür sorgen werden, dass der Deal durchkommt. Damit wird also eine Wirtschaftskrise mit schwerwiegenden weltweiten Folgen abgewendet. Die ganze Geschichte ist natürlich mit unerfreulichen Folgen verbunden. Kevin McCarthy muss angesichts innerparteilichen Widerstands wieder um seinen Job bangen, den er doch erst vor Kurzem mit Mühe und Not errungen hat. Auch die Demokraten sind nicht nur glücklich mit Joe Biden, zumal er sehr lange die Position vertreten hatte, nicht über diese Frage zu verhandeln, nur um am Schluss doch zu verhandeln. Der Deal beeinhaltet zudem einige schmerzhafte Elemente, unter anderem die Erhöhung der Anforderungen für die Nahrungsmittelhilfe für die Ärmsten. Diese bringt zwar keine Ersparnis, quält aber jene, die eh schon wenig haben, noch mit etwas mehr Bürokratie.
Nun kann man Joe Biden nicht ganz verübeln, dass er angesichts der befürchteten Folgen der Zahlungsunfähigkeit der USA dann doch an den Verhandlungstisch gesessen ist. Das Problem ist eher, warum man immer wieder in eine solche Lage kommt. Zur Erinnerung: Bei dieser Schuldengrenze geht es nicht um Budgetverhandlungen oder neue Ausgaben, sondern um Verpflichtungen, die schon eingegangen und beschlossen wurden. Eine Nichterhöhung wäre also einfach Zechprellerei, aber mit potenziell massiv schädlichen Folgen. Die Erhöhung der Schuldengrenze war immer eine reine Formalität, bis die Republikaner noch während der Präsidentschaft Obamas dieses Mittel entdeckt haben, um Konzessionen zu erpressen. Was jeweils funktioniert, weil man mittlerweile nicht mehr sicher ist, ob es nicht wirklich genügend Republikaner hat, denen es egal ist, wenn sie damit eine massive Wirtschaftskrise auslösen. Das Problem ist auch, dass die Demokraten es in den zwei Jahren, in denen sie eine Mehrheit hatten, nicht geschafft haben, diese Bombe per Gesetzesänderung zu entschärfen. Weil die notorisch unzuverlässigen Senator:innen Joe Manchin und Kyrsten Sinema die gute Stimmung im Senat als wichtiger erachten als das Abwenden einer globalen Wirtschaftskrise.
Nun könnte man wie immer sagen, dass es einfach die Amis sind, die hier spinnen. Nur spinnen wir selber auch. Zum Beispiel kann hier ein Nationalrat zum zweiten Mal eine Lehrperson dem digitalen Mob zum Frass vorwerfen, und es passiert gar nichts. Während er sich beim ersten Mal noch entschuldigen musste, erhielt er jetzt vom Parteipräsidenten ganz offiziell den Segen. Selber schuld, wenn man es wagt, einen Genderstern zu benutzen. Auch sonst ist hier einfach Achselzucken angesagt. Dass man als Politiker oder Politikerin eine gewisse Verantwortung hat dafür, was man anrichtet, ist wohl eine zu altmodische Vorstellung.
Noch mehr beschäftigt mich, dass die Zustimmung zum Klimaschutzgesetz ins Rutschen geraten ist. Und ich verstehe irgendwie auch nicht warum. Wenn nicht mal der schmerzfreie Klimaschutz mehrheitsfähig ist, dann lässt mich das zweifeln, ob wir es überhaupt irgendwie schaffen werden, dem Klimawandel zu begegnen. Der technologische Umweltschutzansatz wird zu Recht immer wieder als zu wenig konsequent kritisiert. Aber darin, so dachte immer, liegt auch der Reiz. Denn er suggeriert ja, man könne weiterfahren wie bisher, einfach mit umweltfreundlicher Technologie. Und ich kann sehr gut nachvollziehen, dass der Verzicht schwerfällt. Wer gerne Fleisch mag, wird Mühe haben, sich vegan zu ernähren, und seien wir ehrlich, die Fleischersatzprodukte sind auch nicht über jeden Zweifel erhaben. Könnte man also Fleisch in einem Labor züchten und es würde wie Fleisch schmecken, dann hätte man den Fünfer und das Weggli, also den Burger und die glückliche Kuh. Das Gleiche gilt wohl für eine Heizung. Wichtig ist doch nicht, womit die Heizung betrieben wird, sondern ob es genügend warm ist im Winter. Aber offenbar ist schon das zu viel verlangt.
Nun ist Politik nicht nur rational, das ist mir schon klar. Und natürlich gibt es auch jene, die meinen, es brauche gar keine Massnahmen, weil es keinen Klimawandel gibt. Das ist aber eigentlich eine klare Minderheit, so wie es nur eine Minderheit ist, die Schnappatmung kriegt, wenn eine Schule einen Gendertag veranstaltet. Aber theoretisch für den Klimaschutz zu sein genügt eben nicht. Es braucht es jetzt auch, dass all jene, die finden, man müsse etwas machen, jetzt auch wirklich Verantwortung übernehmen und Ja stimmen gehen. Es wäre eigentlich ganz einfach.